Bereits zwei Tage nach Erhalt des IONIQ 5 juckte es mich am Strompedal und ich besuchte am Wochenende vom 18./19. Dezember kurzfristig meine Liebste in Kärnten. Ich plante zuvor meine Route über den goingelectric.de Routenplaner, nachdem ich davon ausging, dass ich fix einen Ladestopp und WC-Pause für diese Strecke im Winter benötigen werde. Der Routenplaner ist auf E-Autos optimiert und auch bereits für den IONIQ 5 als konfigurierbares Fahrprofil verfügbar. Besonders spannend finde ich die Ansicht über das zurückgelegte Höhenprofil, da bei gebirgiger Strecke üblicherweise mit höherem Verbrauch zu rechnen ist.
Die meisten, die das Auto von der Nähe sehen, nennen es Raumschiff wegen des coolen Designs, mir gefällt die Bezeichnung inzwischen auch recht gut 🙂
Losgefahren bin ich Samstag 18.12. früh mit einem Akkustand von 97% SOC lt. Display und 5° Außentemperatur im Norden Wiens. Am Tacho hatte ich die bisher zuvor innerorts zurückgelegten 49 Kilometer und die angezeigte Restreichweite lag bei 420km – das Auto weiß einfach noch zu wenig über mein Fahrprofil – mir war bewusst, dass ich jetzt bei diesen Temperaturen mit viel Autobahnstrecke und dem riesen Fahrzeug im Vergleich zum Kona wohl maximal zwischen 250 und 300km Reichweite haben werde. Wobei man dazusagen muss, dass der Kona mit dem kleineren 64 kWh Akku (vs. 72,6 kWh beim IONIQ 5) bei mir auch in etwa in diesem Bereich lag. Im Sommer rechne ich mit ca. +100km mehr Reichweite, basierend auf meinem Profil mit dem Kona früher. Laut Torque Pro hatte der Akku bei Abfahrt eine Temperatur von ca. 5-6 Grad (Min-Max). Ich fuhr anfangs ohne Heizung los, da ich diese nicht benötigte.
Bei der ersten Strecke durch die Stadt bemerkte ich erstmals das Verhalten des Radarwarnsystems, das offenbar mit der Fahrgeschwindigkeit gekoppelt ist – im Gegensatz zum Kona, der nur kurz gewarnt hat, wenn in Kürze ein Radargerät auftaucht. Wenn man beispielsweise in einer 50er Zone auch nur einen km/h zu schnell fährt, ändert sich die Geschwindigkeitsanzeige im HUD auf orange und das Fahrzeug beginnt Korea-typisch zu bimmeln und hört nicht mehr damit auf, bis man das Radargerät passiert hat (oder eben die Geschwindigkeit reduziert). Das ist natürlich super bei längeren Section-Control Abschnitten, bei denen man dann pausenlos das nervige Gebimmel hat. Ich habe übrigens via GPS gemessen, dass die Tacho-Abweichung zu GPS ca. 2-3 km/h mit meinen 19″ Winterreifen beträgt, dies sowohl in der Stadt, als auch bei höheren Geschwindigkeiten. Meine bisherigen Fahrzeuge hatten da etwas mehr Abweichung, also gut zu wissen 🙂
Zuerst dachte ich, dass dieses Gebimmle vom Radarwarner eventuell an der verbauten NSCC-Technologie liegt (Navigationsgestützte intelligente Tempomatsteuerung), da man hier die km/h Toleranzen konfigurieren kann.
Aktives NSCC Feature, das in Kurven automatisch verlangsamt (wenn man mit dem aktiven Onboard-Navi fährt), Quelle: hyundai.com (auf .de leider nicht entdeckt): https://www.hyundai.com/content/dam/hyundai/ww/en/images/find-a-car/pip/eco/ioniq5/full-pages/safety/IONIQ5_safty_NSCC_animation.mp4
Aber leider ist dem nicht der Fall. Bisher habe ich noch keine Einstellung gefunden, dieses Bimmeln zu deaktivieren. Man kann in den Einstellungen zur “Radarkontrollenwarnung” nur die Entfernung zum Radargerät konfigurieren, ab wann gewarnt, oder besser gesagt gebimmelt, werden soll. Schätze ich werde es gänzlich abdrehen, sollte ich wieder mal das Onboard-Navi statt Google Maps via Android Auto verwenden.
Update 2022-01-02: Im Goingelectric.de Forum wurde ich von “bigg0r” darauf hingewiesen, dass man während der Navigation im linken Menü durch Drücken auf das “Audio/Lautsprecher-Symbol” dieses Bimmeln in den Einstellungen abschalten kann. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen, siehe folgenden Screenshot:
Kurz nach Wien auf der A2 und 33 gefahrenen Kilometern verabschiedeten sich dann plötzlich die Assistenzsysteme mit Fehlermeldungen wie “HDA (Autobahn Fahrassistent) prüfen” oder “Spurwechselassistenzfunktion prüfen” bzw. “Wichtige vordere Sicherheitsfunktionen limitiert. Kamerasicht eingeschränkt”. Die Scheibe war aber aus meiner Sicht glasklar und nicht verdreckt, bin aber dennoch beim nächsten Parkplatz (Rastplatz Triestingtal) abgefahren, um die Scheibe zu sichten bzw. mit Mikrofasertuch im Bereich der Kamera zu reinigen. Vielleicht war sie irgendwie beschlagen oder ich hatte noch Reste von der Rain-X Behandlung drauf. Danach hat sie jedenfalls wieder funktioniert (und seit über 1350km inzwischen auch keinen Ausfall dieser Art mehr gehabt, selbst nicht bei starkem Regen).
Nachdem ich eingestellt habe, dass der IONIQ 5 die aktuelle Fahrtinfo wie z.B. gefahrene Kilometer und Verbrauch bei jedem Start resettet, beginnt nun quasi die Fahrt von vorne. Los geht es beim Parkplatz mit 83% SOC, 98km Tachostand, angezeigten 332km Restreichweite und noch zu fahrende 152km bis zum geplanten HPC Charger. Bisher hat sich die Akkutemperatur durch die Fahrt kaum erhöht und liegt im Bereich von 6-7 Grad (Min-Max) lt. Torque Pro Log bei weiterhin 5° C Außentemperatur. Die Klimaanlage ist nun auf “AUTO” in Stufe 1 und 19°C eingestellt.
Nach gut einer Stunde Fahrzeit und 70km Fahrstrecke liegt der SOC bei 76% bei einem Verbrauch von 27,0 kWh/100km. Ein für mich im Vergleich zum Kona sehr hoher Verbrauchswert, da habe ich früher im Winter selbst bei hohen Geschwindigkeiten und viel Autobahn-Anteil keine so hohen Werte gehabt. Man muss aber auch erwähnen, dass der Akku meines Konas früher in einer Garage wohl-temperiert bei Abfahrt war, und der IONIQ 5 nun leider wegen Übersiedlung draußen parken muss, weshalb der Akku stark abkühlt und allein dadurch höhere Verluste hat. Bei kühleren Minus-Temperaturen würde sich zusätzlich beim Verbrauch auch noch die Akkuheizung bemerkbar machen, was aber hier wohl nicht der Fall war.
Zwischendurch stieg der Verbrauch bis zum ersten Ziel dann auch noch weiter auf über 28,6 kWh/100km, da die Strecke auch nun gebirgiger wurde und es zum Teil bergauf ging. Somit war klar, dass ich die IONITY Ladestation in Grafenstein zu dem Zeitpunkt kurz vor der Ladestation in Feldkirchen nun fix nicht erreichen würde (basierend auf überschlagsmäßiger Kopfrechnung bzgl. Verbrauch und 30% SOC, also ca. 21 kWh noch im Akku bei über 120km Strecke zur IONITY Station), die ich eventuell als Alternative zu Feldkirchen in Betracht gezogen hätte. Rechnet man die Akkugröße durch den Verbrauch, wäre hier eine (gesamte) erzielbare Reichweite von ca. 250km drin gewesen.
Es gäbe auch noch die IONITY Kaiserwald Station kurz nach Graz, aber ich wollte diesmal bewusst nicht bei IONITY laden, um den Minuten-Tarif der Tanke Wien Energie vergleichen zu können, da der Minutentarif bei voll verfügbarer Ladeleistung günstiger kommt, als die 29ct/kWh bei IONITY. Im Winter ist natürlich die Ladegeschwindigkeit niedriger, da der Akku entsprechend kalt ist und erst auf Wohlfühltemperatur gelangen muss.
Bei Feldkirchen angekommen bin ich mit 29% SOC, 198 gefahrenen Kilometern, angezeigter Restreichweite von 98km, die natürlich nicht mehr stimmen kann, aber die Anzeige wird langsam realistischer und auf mein Fahrprofil hin vom Boardcomputer optimiert. Der Verbrauch lag für diese Etappe über 1h 22min seit dem Rastplatz bei 24,9 kWh/100km (somit gingen sich ca. 290km gesamt aus).
Dort angekommen, gleich ein freudiger Anblick:
Nun endlich zum Ladevorgang. Hyundai wirbt ja mit einer Ladegeschwindigkeit von 18min von 10% auf 80% SOC, dies aber nur bei idealer Akkutemperatur – davon waren ich und viele andere IONIQ 5 Fahrer im Winter natürlich weit entfernt, weshalb dies bereits als Coldgate bekannt ist und Hyundai versprochen hat, im Frühjahr ein Firmware-Update zu veröffentlichen, das den Akku vortemperieren soll (sofern man mit dem Onboard-Navi eine HPC Station anfährt).
Statt mit über 200kW Ladeleistung beginnt der IONIQ 5 nun bei mir bei ca. 30% SOC mit gemütlichen 66 kW Ladeleistung. Im Vergleich zum Kona natürlich immer noch ein hervorragender Wert, der im Winter viel gemächlicher zur Sache ging. Der Akku hatte laut Torque Pro zu Beginn eine Temperatur von 7 bis 13 Grad (Min-Max) für die einzelnen Packs, diese müssen natürlich erstmal erwärmt werden.
Bei 31% SOC stufte das BMS dann die Ladegeschwindigkeit auf 70 kW hoch, um dann bei 43% wieder auf 64 kW abzufallen. Ich habe die Werte dazwischen leider nicht protokolliert, da ich eine WC- und McDonald’s Frühstückspause machte und mein Handy mit Torque Pro mitgenommen habe. Bei 47% fiel die Leistung gar kurz auf 55 kW ab, um dann plötzlich ab 48% auf 104 kW hochzuschalten. Bei diesem SOC lagen die einzelnen Batteriemodule zwischen 16 und 20 Grad Celsius Temperatur.
Bei 58% kam dann der nächste Schritt auf 123 kW Ladeleistung, die auch bis sagenhafte 78% gehalten wurde. Hier lag der Akku bei 20-25 Grad für die einzelnen Packs. Bei 78% habe ich dann abgebrochen, da ich Zeit sparen wollte bzw. der Akku für meine finale Etappe jedenfalls ausreichend voll geladen war.
Nun geht es wieder weiter von der HPC Ladestation zu meinem Ziel in Klagenfurt, vorerst wieder ohne Heizung, da es warm genug im Innenraum war.
Den Rest der Strecke ging es relativ gut, den winterlichen Verhältnissen entsprechend, dahin. Ab einem gewissen Zeitpunkt mit zuvor sonnigem Wetter in der Steiermark, kippte es plötzlich auf winterlich und nebelig. In Kärnten hat es zuvor auch etwas geschneit und im Gegensatz zu Wien lag auch einiges an Schnee. Man merkte mit dem breiten Auto meinen Respekt vor den am Straßenrand angehäuften, vereisten und fast einen halben Meter hohen Schneewänden in der Innenstadt in Klagenfurt. Aber auch andere Fahrer fuhren mehr in der Mitte als am rechten Fahrbahnrand 🙂
Angekommen am Ziel bin ich mit 41% SOC bei -2° Außentemperatur nach 125,4km seit dem Laden und 23,4 kWh/100km Verbrauch für diese Etappe bei einer Fahrzeit von 1h 20min, die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei ca. 94 km/h. Die Restreichweite wurde noch mit 152km angezeigt. Die gesamte gefahrene Strecke an diesem Tag betrug 324km.
In Klagenfurt gibt es auch einige Ladestationen der Stadtwerke Klagenfurt und in der Nähe meines Ziels befand sich auch eine, welche zum Glück trotz Schneemassen halbwegs freigeräumt war, sodas zumindest (m)ein Fahrzeug laden konnte.
Am gleichen Tag ging es dann noch auf einen Kurzausflug zum Beine Vertreten auf den Pyramidenkogel und um dem dicken Nebel in Klagenfurt zu entkommen. Die Route dahin mit dem Onboard-Navi führte gleich mal in eine Sackgasse, das Navi meinte dennoch beinhart, dass ich dort fahren solle. Naja. Dies war bereits mit dem November 2021 Update, der Kartenstand dürfte wohl nicht der aktuellste sein leider.
Am Pyramidenkogel oben angelangt nutzte ich die Ladestation, welche zum Glück frei (und auch kostenlos) war. Es zahlt sich bei einem 3-phasigen Lader auch das Anstecken für eine Stunde an, beim Kona hätte ich mich eher nicht angesteckt, weil die ~3 kWh auch schon egal gewesen wären, beim IONIQ 5 gingen immerhin gleich 11 kWh rein.
Zu guter Letzt noch ein paar Impressionen, das Wochenende bzw. die Rückfahrt mit diversen weiteren Auffälligkeiten des Fahrzeugs werde ich im nächsten Artikel beschreiben, da dieser hier bereits etwas lang geworden ist 😉