Wie in meinen letzten Blog Posts bereits angekündigt, hatte ich am 6. Jänner 2022 ein Intensiv-Fahrtechniktraining beim ÖAMTC in Teesdorf. Es handelt sich hierbei wieder mehr um ein Auffrischungstraining, quasi die erste Stufe nach dem inzwischen für Führerschein-Neulinge obligatorischen Mehrphasen-Training. Halte ich übrigens für eine gute Idee, dass Fahranfänger zu Beginn ein derartiges Training machen müssen, das gabs zu meiner Zeit damals noch nicht. Insgesamt hatte ich mit PKW und Motorrad schon einige Fahrsicherheitstrainings beim ÖAMTC absolviert und jedes Mal wieder lernt man etwas Neues bzw. frischt Vergessenes auf – wie z.B. die korrekte Sitzposition.
Die meisten Leute sitzen nämlich leider viel zu weit hinten, sowohl bezüglich Beine als auch Oberkörper/Rücken und Arme. Man sollte jedenfalls mit dem Handgelenk die Oberseite des Lenkrads berühren und gleichzeitig auch mit den Schultern die Lehne. Bei den Beinen (wie auch bei den Armen/Ellbogen) ist es besonders wichtig, dass bei einer Vollbremsung immer noch die Knie abgewinkelt bleiben müssen. Dies macht Sinn, ansonsten ist die Gefahr bei einem Auffahrunfall groß, dass man sich die Beine bricht oder gar in der Hüfte Verletzungen davonträgt. Der Instruktor hat dies ganz bildlich veranschaulicht, ist seitlich auf sein Auto gestiegen und hat gemeint, wer würde von diesen nur 20cm Höhe mit durchgestreckten Beinen/Knien da jetzt auf den Asphalt runterspringen? Niemand. Man würde in die Knie gehen. Und jetzt stellt euch das bei einem Unfall mit hoher Geschwindigkeit vor. Oder. Lieber. Nicht.
Bei meinem letzten Fahrsicherheitstraining mit dem Nissan Leaf Mitte 2018 hatte ich das Dynamiktraining gebucht, das auch bei höheren Geschwindigkeiten Ereignisse wie Aquaplaning beinhaltet. Aber diesmal wollte ich bewusst nur den IONIQ 5 nach meinen knapp 1500km mal kennenlernen, wie sich das Fahrzeug in Notsituationen verhält. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte ich dann noch das Performancetraining absolvieren, quasi die dritte Stufe der angebotenen Trainings: Intensiv => Dynamik => Performance.
Ich hatte diesmal auch meine GoPro für Schwaben mit (Victure 4k – eigentlich für meinen Sohn fürs Fahrrad gedacht 😉 ) und wollte damit Videoaufnahmen machen, da ich mein Handy zwischendurch immer wieder mal für Notizen oder Fotos benutzen wollte. Mein Handy macht eigentlich sogar viel bessere Aufnahmen als die Actioncam. Das mit dem Video hat auch geklappt. Aber ich hatte vergessen das externe Mikrofon anzustecken (und die Software des Teils ist so blöd, dann nicht automatisch das integrierte Mic zu verwenden) und hab nun keinen Ton außer Rauschen dabei – also keine Durchsagen des Instruktors oder das Reifengequietsche und Rattern des ABS oder anderer Assistenzsysteme. Schade. Aber deshalb bin ich kein Youtuber 😀 Allein schon die nur heute angefallenen 270GB Daten zu verarbeiten macht mir kaum Spaß und dann lange Videos anzusehen interessiert mich normalerweise auch nicht, daher schreib ich lieber und jeder kann selbst entscheiden, was er/sie überfliegt und hey man findet über die Suche auch die relevanten Inhalte 😀
Zum relevanten Thema zurück. Losgefahren bin ich in der Früh am Feiertag mit wenig Verkehr um 7:45 Uhr, es hatte 3° C Außentemperatur bzw. der Laternenparker-Akku war über Nacht wieder abgekühlt auf 4 – 5° C (Min-Max). Ich hab das Auto diesmal via Bluelink vorheizen lassen auf 21 Grad. Ein sehr angenehmes Feature, das ich bei meinem 2018er Kona vermisst habe. Genauso wie die anderen tollen Bluelink Features, insbesondere die Abfrage des Ladestands (SOC) oder das automatische Benachrichtigen vor/bei Ende des Ladevorgangs, nachdem man ja in Wien innerhalb von 15min umparken muss, sobald der Ladevorgang beendet ist. Beim einphasig ladenden Kona war das insofern problematisch, wenn sich jemand zweiter zur Station dazu gesellte, dass sich dann die Ladedauer verdoppelte – und somit meine zuvor geschätzte/errechnete Zeit des Ladevorgangs. Kam zwar zum Glück selten vor, aber blöd ist es trotzdem, wenn man das Auto dann umparken wollte und es nur die Hälfte geladen hat. Während der Fahrt ließ ich die Heizung dann auf 19 Grad, ein Wert den ich so gut wie immer einstelle, wenn ich alleine fahre. Der SOC lag bei 91% bei der Hinfahrt, genug Reserven also für die nur ca. 46km lange Strecke.
Was auf der Hinfahrt noch auffällig war ist die Verkehrszeichenerkennung, die sich offenbar im Vergleich zum Kona in gewisser Hinsicht leider nicht viel verbessert hat. Im Kaisermühlentunnel ist eine 80 km/h Section Control Zone. Am Rand im Tunnel sind aber doppelte Verkehrszeichen für 80 und 60 km/h direkt übereinander, jeweils PKW bzw. LKW. Und nahezu jedes Mal, wenn man ein derartiges Schild passiert, wechselt der IONIQ 5 (wie auch der Kona) einmal auf 80, einmal auf 60 km/h. Weiter nicht schlimm, außer man nutzt diese Verkehrszeichenerkennung für die adaptive Geschwindigkeitsanpassung. Ich habe zwar ein Wiener Kennzeichen, aber alles kann man sich damit auch nicht erlauben, wenn das Fahrzeug jedesmal plötzlich runterbremst und wieder beschleunigt 😉 Oder auch für den Radarwarner, der dann wieder plötzlich zu bimmeln beginnt, dass man jetzt ja über 20 km/h zu schnell fährt. Immerhin kann man das bimmeln nun doch abstellen, wie ich in meinen letzten Blog Posts bereits erwähnt habe.
Nach dem Kaisermühlentunnel beim Zubringer zur A23 versagte der HDA Spurfolgeassistent total in der Kurve und rauschte von der rechten Fahrspur in die linke ohne Vorwarnung und ich musste reflexartig korrigieren oder die Leitplanke küssen. Also ich habs schon vermutet und bewusst kontrolliert, dass niemand in meiner Nähe ist (welcher Wiener steht schon am Feiertag so früh auf, war also kaum Verkehr), dennoch hätte ich erwartet, dass die Kurve bei dem schönen Wetter gemeistert wird.
In Teesdorf angekommen bin ich dann nach einer etwas rasanteren Fahrt (also nicht 120km/h Tempomat sondern den üblichen Autobahn-Geschwindigkeiten) mit 76% SOC. Der Akku hatte sich auf 6-8° C (Min-Max) erwärmt. Nicht sehr viel. Ich wollte dort noch die 50 kW Ladestation ausprobieren. Im Sommer bzw. mit warmem Akku sollte der IONIQ 5 die 50 kW Ladeleistung eigentlich von Anfang bis zum Schluss durchziehen. Hier trat Ernüchterung ein. Eigentlich sogar Enttäuschung. Ich hatte gerade mal 33 kW Ladeleistung und dabei gingen sogar die Lüftungsklappen auf. Man merkt auch beim Carscanner Log, dass die Temperatur-Differenz für das kühlste bzw. wärmste Akku-Modul extrem (um die 14°C) auseinander ging. Das hatte ich nicht einmal beim HPC Charger. Keine Ahnung was da bei dieser Ladung los war.
Und nun geht es los. 9 Uhr.
War ich 2018 elektrisch gesehen noch alleine mit dem Nissan Leaf auf weiter Flur, fuhr heute immerhin eine Renault Zoe mit. Es waren ein paar Kleinwagen dabei, aber auch ein Citroen C5 oder VW Tuareg bzw. Hyundai Starex. Letzterer mit Nexen-Ganzjahresreifen. Für das über 2 Tonnen schwere und große Fahrzeug offenbar keine gute Idee. Der ÖAMTC Instruktor schwört auch auf explizite Sommer- bzw. Winterbereifung für unsere Klimaregion. Man hat bei den Bremstests auf den unterschiedlichen Fahrbahnen (nass bis griffiger Schnee simuliert) gemerkt, dass egal wie gut der Fahrer versuchte zu bremsen, das Auto einfach nur rutschte und rutschte. Ich fand den Vergleich mit diesem Fahrzeug ganz gut, da der IONIQ 5 auch über 2 Tonnen wiegt und diese Masse natürlich auch ziemlich anschiebt, weshalb gute Reifen das A&O einer sicheren Fahrt sind.
Durch das ständige Stop- and Go, Fahrt mit Heizung und immer wieder mal aktivierter Lenkradheizung zwischendurch, hatte ich einen ziemlich hohen Verbrauch. Weitaus mehr als der Nissan Leaf 2018 (damals 26,6kWh/100km für 22,6km Fahrt), der selbst kein Effizienzwunder war. Der IONIQ 5 gönnte sich auf den insgesamt gefahrenen 37,3 km Parcoursstrecke 39,5 kWh/100km lt. Display bei einer Fahr- und Stehzeit von 5h10min. Der SOC fiel von 92% auf 74% ab, effektiv wurden somit für diese Strecke dann ca. 13 kWh verbraucht.
Ich fuhr immer wieder in unterschiedlichen Rekuperationsstufen bis hin zu i-Pedal, um auch hier das unterschiedliche Fahrverhalten auszutesten. Gleich vorweg, ich merkte kaum Unterschied, außer dass ich mich in Notsituationen mit hoher Rekuperation wohler fühlte, weil der Wagen gleich beim Entfernen des Fußes vom Strompedal zu bremsen beginnt. Natürlich, das kann auch Nachteile mit sich bringen auf einer Schneefahrbahn, insofern muss man das wohl für sich selbst rausfinden, was einem in welcher Situation lieber ist. Aus Effizienzgründen werde ich aber wohl dennoch weiterhin die AUTO-Rekuperation auf Stufe “sanft” (welche ein Segeln ermöglicht) bzw. die Reku-Paddels wieder aktiver nutzen.
Bei den Bremstests auf trockener/griffiger Fahrbahn kam ich bei 50 km/h in etwa nach 10-12 Metern mit den original 19″ Bridgestone Blizzak LM005 Winterreifen zu stehen. Dieser Reifen dürfte sich ganz gut schlagen. Bei 60 km/h hatte ich dann schon einen Bremsweg von ca. 20 Metern (geschätzt vom Instruktor, also jetzt nicht hochwissenschaftlich). Die Renault Zoe hatte auch einen super Bremsweg, genauso wie der Citroen C5.
Bei der simulierten griffigen Schneefahrbahn hatte ich einen Bremsweg von einmal 30, bzw. 32 und einmal ca. 40 Metern bei ca. 60 km/h. Der Citroen C5 kam hier auch bereits nach 30m zu stehen, aber der Hyundai Starex gönnte sich sagenhafte 70(!) Meter. Also egal wie gut du bremst, das hintere Fahrzeug kracht dir sowieso rein… Auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten, z.B. 30 km/h hatte ich einen Bremsweg von 7-8 Metern, also etwas mehr als 1,5 IONIQs. Der Starex kam auf 15 Meter. Man sagt, dass sich bei doppelter Geschwindigkeit der Bremsweg vervierfacht, was auch ganz gut hinkommt bei den gefahrenen Werten.
Zwischendurch begann es dann mal zu regnen bzw. kurz zu schneien. Entsprechend war die Nicht-Sicht aus dem Rückfenster, wobei der Trick mit dem Aktivieren der Heckscheibenheizung innerhalb weniger Minuten das meiste soweit trocknet (auch bei den Seitenspiegeln), dass sich der Ausblick verbessert.
Man kann beim IONIQ 5 über eine Taste links vom Lenkrad die Traktionskontrolle deaktivieren. Zusätzlich ist es aber auch möglich durch Drücken dieser Taste von drei Sekunden auch das ESC (elektronische Stabilitätskontrolle) abzudrehen. Mir fällt zwar außer unbedingt driften zu wollen kein Grund ein, warum das ein normaler Fahrer je machen würde bzw. sollte, aber wir haben es mal getestet. Wir hatten einen Parcours mit einer Kurve, in welcher wir Brems- und Beschleunigungsübungen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten machten. Einmal meinte der Instruktor, wir sollen doch mal mitten in der Kurve stark beschleunigen. Ich hab mich zwar mit der 225 kW Motorleistung nicht ganz getraut Vollgas zu geben, aber mit ESC war das noch halbwegs beherrschbar. Aber mit deaktivierter Stabilitätskontrolle und einer starken Beschleunigung mitten in der Kurve habe ich sofort die Beherrschung über das Fahrzeug verloren und es hat mich gedreht. Übrigens, der Instruktor meinte, wenn man crashen sollte, dann am besten frontal, einfach weil man hier mehr Pufferzone hat, wie z.B. im Gegensatz zu einem Seitenaufprall. Der IONIQ 5 schneidet ziemlich gut beim Euro NCAP Crashtest ab. Dennoch, ob ich jetzt einen Meter oder 20cm Blechschutz habe, macht einfach einen Unterschied.
Der IONIQ 5 verfügt auch über adaptives Bremslicht, das zusätzlich zur Warnblinkanlage bei Notbremsungen aktiviert wird. Es gab noch diverse andere Übungen, wie z.B. bei unerwarteten Gegenständen auf der Straße auszuweichen oder rechtzeitig zu bremsen und heranzutasten, bei welcher Geschwindigkeit sich das überhaupt noch ausgehen kann oder ab wann man wie ein Lemming in den Graben springt fährt. Auch hatte uns der Instruktor auf einer dafür passenden Strecke bewusst das Handy in die Hand nehmen und eine SMS tippen lassen. Während dieser Fahrt klappte dann plötzlich ein Hindernis vom Boden auf. Einige hatten in dem Moment wohl rechtzeitig hingesehen und bremsen können (ich auch, ich fuhr zu langsam 😀 ), andere jedoch überfuhren das Hindernis. Es reichen wenige Augenblicke abgelenkt zu sein, was in manchen Situationen auch für Leben oder Tod entscheidend sein kann. Auf der Autobahn mit 130 km/h legt man jedenfalls bereits ein relativ weites Stück blind zurück, wenn man nicht auf die Straße sieht.
Die Tests mit der Schleuderplatte fand ich am besten. Diese sollten wir mit ca. 40-45 km/h befahren, um das ideale Schleudern zu simulieren, was die Platte technisch umsetzen kann. Der IONIQ 5 hat hier aufgrund seines drei Meter Radstands Vorteile. Ich hatte damals zwar den Nissan Leaf schon gut unter Kontrolle, aber mit dem IONIQ 5 wurde ich kaum aus der Bahn geworfen, selbst ohne Traktionskontrolle/ESC. Bei meiner letzten Fahrt habe ich dann überhaupt die Hände vom Lenkrad entfernt und auch hier blieb der Wagen relativ stabil (also nicht gedreht), auch wenn es mich etwas in die andere Fahrbahn versetzt hat. Ich bin diesen Parcours auch wieder mit bzw. ohne i-Pedal gefahren und auf Reku Stufe 0 (segeln) – so gut wie kein Unterschied für mich bemerkbar gewesen.
Witzig war auch, dass die Spracherkennung von Android Auto bei manchen Situationen das “STOP” des Instruktors als Spracheingabe erkannte und dann plötzlich irgendwas diktieren wollte 😀 leider hab ich keinen Ton bei meinen Videos, aber danach hab ich meinen AAWireless Adapter abgesteckt. Und dass ich bei manchen Lenkmanövern irgendwelche Tasten drückte und sogar eine Telefonnummer wählte war irritierend. Kurz dachte ich, ob das jetzt schon eCall ist 😀 Aber wenn man die Telefontaste am Lenkrad länger drückt, dann wählt er anscheinend die zuletzt gewählte Rufnummer. In diesem englischsprachigen Video gibt es noch ein paar Infos zu extra Funktionen, wenn man die Infotainment-Tasten länger gedrückt hält.
Der gesamte Tag war ziemlich lehrreich, aber auch anstrengend. Immerhin ist man die meiste Zeit voll konzentriert und wir waren mehr als 5h nur im Auto, die Hin- bzw. Rückfahrt noch gar nicht gerechnet. Kleiner Pro-Tipp, genug Wasser und Essen für zwischendurch einpacken 🙂
Erschöpft zu Hause in Wien angekommen bin ich dann mit 60% SOC bei 4° C Außentemperatur und einem Verbrauch von 20,8 kWh/100km auf einer Strecke von 44,7km nach 37min Fahrzeit. Der Verbrauch war trotz höherer Geschwindigkeit irgendwie niedriger, aber lässt sich wohl auf die Wetterbedingungen (evtl. Rückenwind) wie auch dem entgegengesetzten Höhenprofil zurückführen. Aufgrund meiner Fahrweise heute meint der IONIQ 5 übrigens, dass ich nur mehr eine Restreichweite von 161km habe. Hochgerechnet auf 100% wären das 268km. Aber die 39,5 kWh/100km werde ich nun länger nicht mehr sehen und der Verbrauch wird definitiv wieder niedriger bzw. die Reichweite höher sein 😉
Jetzt zum Schluss noch ein paar Impressionen mit den tonlosen Videos, auch wenn sie nicht ganz soviel Spaß machen wie mit Ton bekommt man zumindest einen Eindruck über das Fahrsicherheitstraining. Es sind insgesamt 15 kurze Videoclips in einer Playlist, die ich zum Teil textuell hier bereits beschrieben habe. Die jeweiligen km/h-Angaben sind etwas geschätzt, da der IONIQ 5 ja ca. 3 km/h Abweichung gegenüber Display zu GPS hat.
Unter folgender URL bei YouTube kann die Playlist zu den Videos abgerufen werden (externer Link):
https://youtube.com/playlist?list=PL0Z7bNYRqeGXvN7qRhOtIzG_5lVHMzL3c